Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen
Stadt MagdeburgAm Anfang stand 2004 unser Masterplan. Von 2007 bis 2022 durften wir in vielen Schritten die im Kern romanische Anlage bearbeiten und durch die Zeiten weitertragen.
Gebaute Botschaften
Fast 1000 Jahre sind seit Grundsteinlegung vergangen, fast 900 Jahre, seit der Hl. Norbert von Xanten die Anlage zum Prämonstratenserkloster ausbaute. Es folgten Jahrhunderte des geistlichen Lebens, mit der Reformation Zeiten des Glaubenskampfes und der Säkularisierung. Das Kloster wurde zur Schule. Die Kirche durchlebte mehrfache Umnutzungen bis zu Leerstand oder Lagerhalle.
Zweifach wurde Magdeburg dem Erdboden gleichgemacht. Und doch hat das Kloster all dies überstanden. Die Anlage ist gemeinsam mit dem Dom das bedeutendste mittelalterliche Architekturdenkmal der Stadt Magdeburg.
Heute ist das ehemalige Prämonstratenserkloster das Kunstmuseum der Landeshauptstadt. Mit Abschluss der jahrzehntelangen Arbeiten wird die Geschichte als Kloster und Kirche ebenso wie die nationale und internationale Gegenwartskunst in den Mittelpunkt gerückt.
Unser Beitrag
Am Anfang stand unser Masterplan. Dieser zeigte auf, wie die stark sanierungsbedürftige Gesamtanlage an die heutigen Anforderungen wie Sicherheit, Brandschutz, Barrierefreiheit und technischer Ausstattung angepasst werden kann.
Nachdem der Stadtrat den Masterplan beschlossen hatte, durften wir seit 2007 in vielen Schritten die im Kern romanische Anlage bearbeiten und für die Zukunft ertüchtigen.
Dazu wurden Westturmgruppe, Fassaden und Kreuzhof mit Tonsur überarbeitet, der Eingangsbereich umgebaut und Ausstellungsbereiche erneuert. Das Dachgeschoss vom Westflügel wurde zum Ausstellungsraum. Barrierefreiheit, Rettungswege und technische Ausstattung genügen aktuellen Ansprüchen.
Mit Instandsetzung der Klosterkirche und Hochsäuligen Kapelle sowie der Schaffung der neuen Ausstellungsfläche im Dach des Nordflügels wurden die Sanierungsarbeiten im öffentlichen Bereich 2022 abgeschlossen.
Daten zum Projekt
2018 – 2022
Nordflügel und Obere Tonne: Raum für die Kunst
Vor dem 2. Weltkrieg wurden die großen Tonnen der Nordklausur von einer weiteren Etage mit Aula überspannt. Nach Bombardierung und Romanisierung des Baukörpers blieb das neue Dach des Nordflügels jahrzehntelang ungenutzt.
Von 2020 bis 2022 entstand hier unter neuer Dachform ein großzügiger lichter Ausstellungsbereich. Um dies nach außen zu kommunizieren und innen Raum zu gewinnen, wurde die Dachform nach Norden zum Mansarddach verändert. Im Innenhof blieb der geschlossene Klausurhof erhalten.
Die Dachhaut aus Baubronze ist in ihrer Form und Ausbildung einzigartig: Sie wurde gestalterisch mit Blick auf die tausendjährige Geschichte des Klosters entwickelt, markante Jahreszahlen wurden in eine besondere Faltung übersetzt. Es entstand ein individuelles Spiel aus Licht und Schatten. Mit Alterung wird das Material dunkler und sich weiter eigenständig in die Bruchsteinmauern der Umgebung einfügen.
2018 – 2022
Klosterkirche: Innenraumsanierung und Einbau des Chorgewölbes
Mit der Sanierung des Innenraums der Klosterkirche wurde der letzte große Kriegsschaden beseitigt, denn der Chor der Kirche erhielt ein neues Kreuzrippengewölbe. Dieses wurde von der Steinservice GmbH aus Magdeburg meisterlich umgesetzt: Handwerk wurde gelebt, altes Wissen angewendet und generationenübergreifend weitergegeben.
Die Klosterkirche hat nach Sanierung des Innenraums zu einer neuen Haltung gefunden. Entstanden ist ein Raum ruhiger Eleganz, der die Romanik und Gotik mit zeitgenössischer Architektur und Kunst harmonisch vereint.
2018 – 2019
Kreuzhof: Sanierung der Arkaden und Fassaden mit Tonsur
Die Arbeiten an den Fassaden im Kreuzhof wurden in gleicher Art und Weise wie an den Türmen und an der Klosterkirche weitergeführt: Instandsetzung Bruchsteinmauerwerk, Reinigung, Neuverfugung, teilweiser Steinaustausch und statisch-konstruktive Sicherungen. Am Werkstein wurden steinrestauratorische Maßnahmen durchgeführt. Die Verblechungen wurden in Walzblei bzw. Kupfer erneuert, die Fenster gepflegt.
Darüber hinaus bestand an den Arkaden erheblicher Konservierungsbedarf. Diese waren zuvor in einem umfangreichen Forschungsprojekt der DBU in den Jahren 1998 - 2002 bearbeitet worden. Die Arbeiten des DBU-Projekts wurden überprüft, die Arkaden nachgereinigt, nachgefestigt sowie Antragungen, Vierungen und Retuschen ausgeführt.
Das Kegeldach der Tonsur wurde mörtel- und gefügetechnisch untersucht und nachfolgend mit einem Verputz vor weiterem Steinzerfall geschützt. Eingesetzt wurde ein vorkonfektionierter, wasserabweisender Kalkputz mit Flachsfaser und Haftzusatz.
In der Grünfläche wurden umlaufend Bodenleuchten eingebaut, um den Kreuzhof zu iluminieren und für Besucher attraktiver zu gestalten; gleichzeitig soll das Licht zur Orientierung beitragen.
Nach Abschluss der Arbeiten zeigt sich der Kreuzhof als harmonische Einheit, die sich sehr gut den Fassaden von Türmen und Nordquerhaus zuordnet.
2016 – 2018
Klosterkirche: Sanierung der Krypta und Erschließung der Norbertgrablege
Eigentlich drehten sich die Aufgaben um den Schutz noch vorhandener mittelalterlicher Bausubstanz: Malereifragmente, Stein- und Raumoberflächen. Doch interessanterweise zeigen die Ergebnisse wissenschaftlicher Voruntersuchungen – die gesamte Kirche muss für ein gutes Raumklima genutzt werden. So rückte das ebenfalls formulierte Ziel, die Krypta wieder Besuchern zugänglich zu machen, in den Blickpunkt.
In diesem Kontext wurde auch die ehemalige Grablege des Hl. Norbert untersucht und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dazu mussten Einbauten der 1970er Jahre zurückgebaut, ein neuer Zugang zur Krypta geschaffen und die Decke über der Grablege so erneuert werden, dass heute der Fußboden der Vierung erhöht in der Klosterkirche liegt. Hierzu wurden statische Sicherungen an den Vierungspfeilern notwendig.
Die mehr als 900 Jahre alte Krypta hingegen hat statisch gesehen alle Unwägbarkeiten der Zeit unbeschadet überstanden und musste lediglich aufgrund der enormen Versalzung neue Oberflächen erhalten. Die Umfassungswände der Krypta wurden in Fugen und Grundputz mit einem Heißkalk, darauf aufbauend mit Sumpfkalk und Quarzsand geputzt.
In Krypta und Grablege sowie auf der Vierung wurde in Anlehnung an den historischen Befund ein Estrichboden eingebracht.
Zusätzlich erhielt der Sichtestrich in der Vierung mittels Inkrustierung in historischer Technik eine künstlerische Gestaltung. Der grafische Entwurf von Martin Assig greift Themen der ehemaligen Marienkirche und der Grablege des Hl. Norbert von Xanten auf. Die Umsetzung der einmaligen Bodenarbeit erfolgte durch die Firma Denkmalpflege Mühlhausen GmbH. Aus der fertigen Gipsoberfläche wurde Material wieder aufwendig herausgearbeitet und anschließend eine Grafik mittels durchgefärbtem Estrich eingelegt. Als Vorbild dieser Technik dienten historische Gipsestriche mit Bildwerken, die in der Harzgegend seit der Romanik in Kirchen – bspw. in der Klosterkirche Ilsenburg – verwendet wurden.
2009 – 2012
Westflügel: Sanierung der Ausstellung und des Foyers sowie Ausbau des Dachgeschosses zur Videolounge
Ab 2009 haben wir die museal genutzten Flächen im Westflügel saniert. Foyer, Galerie und der obere Kreuzgang standen hierbei im Fokus.
Mittels Klimatisierung/Lüftung, der Ertüchtigung von Türen, Verdunklung und Verschattung von Fenstern sowie neuen Raumoberflächen sollten die Bedingungen für Ausstellungen deutlich verbessert werden. Dabei mussten wesentliche Brandschutzanforderungen umgesetzt und ein zweiter Rettungsweg mit neuem Fluchttreppenhaus geschaffen werden. Gleichzeitig wurde durch den Einbau eines Aufzuges der barrierefreie Zugang ermöglicht.
Das Dachgeschoss wurde über das erweiterte Foyer öffentlich zugänglich, ein Ausstellungsbereich für Videokunst – die Videolounge – neu eingerichtet.
Als weiteres Angebot für Besucher konnte das Café im Erdgeschoss innerhalb der Raumgrößen des ehemaligen Refektoriums überarbeitet und neu eröffnet werden. Die großen Verglasungen zum Kreuzgang verbinden den Raum mit Kreuzhof, Tonsur und mittelalterlichen Arkaden.
Die neue Qualität zeigt sich auch in den Spiegelklappen der Künstler realitiers:United, die vor den Ausstellungsräumen des Westflügels angeordnet wurden. Ist das Museum geschlossen, sind es die Spiegelklappen auch. Öffnet sich das Haus für Besucher, öffnen sich die Klappen ebenfalls. So spiegelt sich nicht nur die Umgebung in den polierten Edelstahlplatten, sondern das Museum interagiert mit dem öffentlichen Raum.
2008 – 2009
Kunstmuseum Magdeburg: Sanierung des Eingangsbereichs
Als HARTKOPF RÜGER ARCHITEKTEN durften wir tätig werden und mit der Neugestaltung des Eingangsbereichs das Kunstmuseum besucherorientiert aufstellen. Empfang, Shop und Toilettenanlage fügen sich in die mittelaltlerliche Baustruktur ein. Die Belange der Besucher und Nutzer werden ebenso berücksichtigt wie die von Denkmalschutz, Brandschutz, Sicherheit, Barrierefreiheit etc.
Das der Planung zugrunde liegende Brandschutzkonzept wurde für die mittelalterliche Bausubstanz entwickelt. Brandabschnitte ergeben sich aus der Nutzung und werden durch Verglasungen realisiert. Notwendige technische Einbauten sind erfolgt, blieben aber auf das Wesentliche reduziert.